05/03/2024

Der Verwaltungsrat von TotalEnergies hat beschlossen, einen konsultativen Aktionärsantrag, der die Trennung der Funktionen des Verwaltungsratspräsidenten und des CEO verlangt, nicht auf die Traktandenliste der Generalversammlung vom 24. Mai 2024 zu setzen. Ethos und mehrere Mitantragstellende bedauern diese Untergrabung der Aktionärsdemokratie und haben beschlossen, gerichtlich dagegen vorzugehen. Mit dem Ziel, dem Aktionariat die Möglichkeit zu geben, über eine wesentliche Frage der Corporate Governance abzustimmen.

Der Verwaltungsrat von TotalEnergies hat letzte Woche bekannt gegeben, dass er beschlossen hat, den Aktionärsantrag der Ethos Stiftung und einer Koalition von 19 institutionellen Investoren, die vom Forum pour l’investissement responsable (FIR) unterstützt werden, nicht auf die Traktandenliste der Generalversammlung vom 24. Mai 2024 zu setzen. Dieser konsultative Antrag verlangt die Trennung der Funktionen des Verwaltungsratspräsidenten und des CEO, ein Doppelmandat, das Patrick Pouyanné seit 2015 innehat.

Die Koalition aus französischen und internationalen institutionellen Investoren und Vermögensverwaltern, die Aktien im Wert von mehr als EUR 1,3 Milliarden und 0,9 % des Kapitals von TotalEnergies halten - weit mehr als die vom französischen Gesetz für einen solchen Schritt geforderte Schwelle - bedauert diese Entscheidung. In Anbetracht der ihrer Ansicht nach untergegrabenen Aktionärsdemokratie beschlossen die Ethos Stiftung und mehrere Mitantragstellende, beim Handelsgericht von Nanterre eine Klage einzureichen, um ihre Aktionärsrechte geltend zu machen. Mit dem Ziel, dem Aktionariat die Möglichkeit zu geben, sich an der nächsten Generalversammlung zu einer wesentlichen Corporate Governance Frage äussern zu können.

In seiner am vergangenen Freitag veröffentlichten Begründung argumentiert der Verwaltungsrat von TotalEnergies, dass der Aktionärsantrag «gegen die zwingenden gesetzlichen Vorschriften über die Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Gesellschaft» verstösst und eine Frage der Corporate Governance betrifft, bei der «der Verwaltungsrat seine Aufgabe in angemessener und gerechtfertigter Weise (...) unter Berücksichtigung der besten Interessen der Gesellschaft erfüllt habe».

Die Beschwerdeführenden sind im Gegenteil der Ansicht, dass es kein rechtliches Argument und keine Bestimmung im Handelsgesetz gibt, die es dem Aktionariat verbietet, einen Entwurf für einen konsultativen Antrag auf die Traktandenliste einer Generalversammlung zu setzen. Insbesondere da es keine abschliessende Liste gibt, welche die Art von Aktionärsanträgen bestimmt, die eingereicht werden können..

Ausserdem betonen sie, dass der einzige Zweck des Antrages darin bestand, allen Aktionärinnen und Aktionären, deren Interessen der Verwaltungsrat eigentlich schützen sollte, die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zur Unternehmensführung kundzutun. «Die Abstimmung über diesen Antrag hätte für das Unternehmen keine andere Konsequenz gehabt, als dem Aktionariat die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten mitzuteilen und damit dem Verwaltungsrat ein Signal im Rahmen seiner Überlegungen zur Corporate Governance zu geben», betont Vincent Kaufmann, Direktor der Ethos Stiftung.

Eine weit verbreitete gute Praxis

Die Trennung der Funktionen wird heute weithin als gute Praxis der Unternehmensführung anerkannt. Sie trennt die Leitungs- von den Kontrollfunktionen, sorgt für ein Gleichgewicht der Kräfte im Unternehmen und stärkt die Fähigkeit des Verwaltungsrats, unabhängige Entscheidungen zu treffen und die Geschäftsleitung zu überwachen.

In Frankreich kumulieren nur noch 12 Unternehmen des CAC 40 diese Funktionen, 14 weniger als 2016. In Grossbritannien haben noch weniger als 5 % der kotierten Unternehmen ein Doppelmandat, in Deutschland ist diese Praxis verboten. Auch in den USA wird die Kumulierung der Ämter immer seltener. Sie betrifft heute 44 % der Unternehmen des S&P 500, 13 % weniger als vor zehn Jahren.

Die Möglichkeit, Aktionärsanträge zur Trennung der Funktionen einzureichen, ist im Übrigen in den USA gängige Praxis. Ebenso hat die Ethos Stiftung in der Vergangenheit bereits an mehreren Generalversammlungen von Schweizer Unternehmen solche Anträge gestellt.

Die Entscheidung des Verwaltungsrats, den Antrag trotz Einhaltung geltender Regeln nicht aufzunehmen, sendet eine starke negative Botschaft bezüglich der Dialogbereitschaft des Unternehmens mit seinem Aktionariat aus. Angesichts der eklatanten Verletzung ihrer Rechte durch den Verwaltungsrat sahen sich die Ethos Stiftung und mehrere Mitantragstellende gezwungen, zu ihrem Schutz das Handelsgericht anzurufen. Sie hoffen nun auf einen Entscheid des Handelsgerichts noch vor dem Datum der Generalversammlung, um den Aktionärinnen und Aktionären den Antrag zur Abstimmung vorlegen zu können.

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